SCHLIESSEN

Suche

Wie Martin Luther auf den Reformationstag kam

Eine Gechichte verändert die Welt

Ein Kind kommt auf die Welt

Die Nacht ist kalt. In der kleinen Stadt Eisleben schlafen die Menschen. Es ist der 10. November 1483. Plötzlich dringt ein Schrei aus einem Haus: Ein Kind kommt zur Welt. Gleich am nächsten Tag wird der Junge getauft. Es ist Martinstag, deshalb nennen ihn seine Eltern Martin. Martin Luther.

Martin Luther lernt für´s Leben

Mit sieben Jahren kommt Martin in die Schule. Er lernt Lesen, Schreiben, Rechnen und Latein. Mar­tin ist ein guter Schüler. Mit 13 Jahren wird er aufs Gymnasium geschickt. Er lebt jetzt weit weg von zu Hause. Manchmal zieht er mit seinen Schulfreunden von Tür zu Tür und singt Lieder. Dafür bekommen sie etwas zu essen. Als Martin mit der Schule fertig ist, beschließt sein Vater: „Du sollst Jura studieren.“ Wer Jura studiert, lernt alle Gesetze. Er kann Richter werden oder Könige beraten und ist selbst ein wichtiger Mann. Martin gehorcht. Seine Eltern freuen sich.

Ein Gewitter schlägt ein

Martin ist jetzt ein erwachsener Mann. Trotzdem hat er oft Angst. Martin fürchtet sich vor Gott. Er stellt ihn sich als strengen Richter vor, der die Menschen bestraft. Wer nicht gut genug ist, kommt in die Hölle. So hat er es gelernt. So glauben es alle, also muss es doch stimmen oder?

Eines Tages kehrt Martin von einem Besuch bei seinen Eltern zurück. Dunkle Wolken hängen am Himmel. Es beginnt zu donnern. Plötzlich schlägt direkt neben ihm ein Blitz ein. Martin erschrickt zu Tode. „Lieber Gott“, ruft er, „ich will noch nicht sterben. Wenn ich das überlebe, werde ich Mönch!“

Martin entdeckt Gerechtigkeit

Martin überlebt und geht in ein Kloster. Er ver­spricht, nicht zu heiraten und sein ganzes Geld abzugeben. Er will nur für Gott da sein. Niemand versteht ihn. Sein Vater ist sehr wütend. Aber Mar­tin ist glücklich. Ihm gefallen die Gebete und die Gesänge. Er findet es spannend, den ganzen Tag über Gott nachzudenken. Nur eine Frage quält ihn immer noch: Wie schafft man es, so zu leben, dass es Gott gefällt? Jeder Mensch macht doch Fehler, egal, wie sehr er sich anstrengt! Eines Tages liest Martin einen Satz in der Bibel: „Gerechtigkeit kommt allein durch den Glauben.“ Plötzlich versteht er: Ich brauche gar keine beson­deren Dinge zu tun, damit Gott mich liebt. Ich brauche nur ganz fest an ihn zu glauben.

Martin fällt ein Stein vom Herzen. Auf einmal hat er keine Angst mehr. Davon muss er allen erzählen! Denn im Mittelalter haben die meisten Menschen Angst: Vor Hexen und schlimmen Krankheiten, vor bösem Zauber und vor der Hölle.

Auf dem Marktplatz sitzt ein Mönch. Er heißt Johannes Tetzel und verkauft Briefe. Sie heißen „Ablassbriefe“. Darin steht: „Gott hat dir deine Fehler vergeben.“ Wenn man genug Geld hat, kann man so einen Brief kaufen. Der Mönch droht den Leuten: „Wer keinen Brief hat, kommt in die Hölle!“

Martin protestiert

„So ein Unsinn“, ruft Martin. „Gott kann man doch nicht kaufen! Gott will, dass euch eure Fehler Leid tun. Entschuldigt euch! Das reicht.“

Martin ärgert sich so sehr über die Ablassbriefe, dass er am 31. Oktober 1517 einen Entschluss fasst: Er schreibt 95 Sätze und lässt sie auf ein großes Blatt Papier drucken. Das hämmert er an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg. Alle sollen es schwarz auf weiß lesen: Man kann Gottes Liebe nicht kaufen. Man muss keine Bedingungen erfüllen. Gott liebt jeden Menschen so, wie er ist.

Das ist neu. So etwas haben die Leute noch nie gehört. Sie erzählen anderen davon. Sie drucken Flugblätter. Martin Luthers 95 Thesen – so werden die Sätze heute genannt – verbreiten sich so schnell wie der Wind.

Martin Luther bleibt standhaft

Aber Martin will noch mehr. Er will, dass sich die Kirche ändert: „Sie macht den Menschen Angst. Sie kümmert sich zu sehr um Macht und Geld. Das ist falsch. Sie muss von Gottes Liebe erzählen.“

Als der Papst davon hört, wird er sehr wütend. „Wie kann ein kleiner Mönch es wagen, die große Kirche in Frage zu stellen?“

Martin soll sofort zugeben, dass er sich irrt. Er soll seine 95 Thesen zurücknehmen. Sonst darf er nie mehr eine Kirche betreten!

Aber Martin will nichts zurücknehmen.

Das ist sehr mutig.

Martin wird vogelfrei

Martin ist überzeugt: Für Gott sind alle Menschen gleich. Ein Bischof ist nicht größer als ein Bauer. Jeder darf von Gottes Liebe erzählen.

Dem Kaiser und vielen Fürsten gefällt das gar nicht. Wo kommen wir denn da hin?

Im Jahr 1521 fordern auch sie von Martin, alles zurückzunehmen. Aber Martin will immer noch nicht: „Nur wenn ihr mir beweist, dass ich die Bibel falsch verstanden habe. Hier stehe ich. Ich kann nicht anders, amen.“ Und dabei bleibt es.

Der Kaiser erklärt Martin für vogelfrei. Das klingt schön, ist es aber nicht. Jeder darf Martin töten, ohne ins Gefängnis zu kommen. Als Martin nach Hause fährt, zerren ihn Reiter aus der Kutsche.

„O weh“, denkt er. „Jetzt muss ich sterben.“

Streit und Gewalt - aber es gibt auch Freunde

Aber er täuscht sich. Der Entführer ist ein sehr mächtiger Freund: Kurfürst Friedrich der Weise. Er will Martin in Sicherheit bringen. Sie fahren auf eine Burg. Sie heißt Wartburg. Alles muss heimlich geschehen. Martin erhält neue Kleidung, er lässt sich einen Bart wachsen und ändert seinen Namen. Jetzt heiß er Junker Jörg. Niemand soll ihn erkennen.

Martin bleibt fast ein ganzes Jahr auf der Burg. Er hat viel Zeit und beginnt, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Bisher gibt es sie nämlich nur auf Latein oder in schlechten Übersetzungen, die niemand versteht. Martin findet: Jeder soll die Bibel verstehen.

In den Städten geht es drunter und drüber. Martins Anhänger streiten mit den Anhängern des Papstes. Manche reißen in den Kirchen die Bilder von den Wänden. „Wir beten allein Gott an“, schreien sie.

Als Martin davon hört, erschrickt er. Sie haben zwar Recht, aber ihre Gewalt ist falsch. Es wird viel zerstört. Sogar Tote gibt es.

Martin ist verliebt

Trotz all dem passiert auch etwas Schönes: Martin verliebt sich in eine Nonne. Sie heißt Katharina von Bora und ist aus dem Kloster geflohen, weil sie Martins Ideen gut findet. Die beiden heiraten bald. Bisher durfte eine Nonne nicht heiraten. Und ein Priester auch nicht. Aber Martin glaubt: Gott will nicht, dass ein Mensch allein ist. Deshalb darf jeder heiraten.

Martin und Katharina bekommen sechs Kinder. In ihrem Haus ist immer was los. Martin arbeitet viel. Als Theologieprofessor erklärt er seinen Schülern den Glauben. Er reist durchs Land und predigt. Die Gottesdienste finden jetzt auf Deutsch statt und nicht mehr auf Latein. Endlich verstehen alle, was gesagt wird. Martin schreibt neue Lieder. Die Bibel wird auf Deutsch gedruckt. Jeder kann sich jetzt eigene Gedanken über Gott machen.

Viele finden das gut. Sie nennen sich Evangelische, denn das Evangelium – so heißt die frohe Botschaft der Bibel – ist das Wichtigste für sie.

Martin Luther hinterlässt uns sein Gottvertrauen

1546 stirbt Martin. Seine Bibel, die „Lutherbibel“, lesen wir immer noch.

Manchmal begegnen wir auch heute Teufeln und Gespenstern. Sie huschen durch die Nacht und heulen unheimlich. Aber keine Angst: Es sind nur verkleidete Kinder, die anderen einen Schrecken einjagen wollen.

Martin Luther schrieb einmal in einem Lied: „Und wenn die Welt voller Teufel wäre, fürchten wir uns nicht.“

Recht hat er: Bangemachen gilt nicht! Wer Gott vertraut, braucht vor nichts und niemandem Angst zu haben.

Info zum Text und zu den Illustrationen

Wie Martin Luther auf den Reformationstag kam

Die Bilder zeichnete © Monika Horstmann. Den Text schrieb © Susanne Niemeyer nach einer Idee und Vorlage von Michael Stahl.

Als Mini-Buch mit mehr Bildern hier zu bestellen